Fragen zur Besteuerung von Aktienanleihen

Dieser Beitrag behandelt die steuerlichen Auswirkungen von Geschäften mit Aktienanleihen in Deutschland. Stand Anfang 2024. Hinweis: Bei allen Steuerbeträgen sind Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer nicht berücksichtigt.

Szenario 1: Die Barriere bzw. der Basispreis wird nicht verletzt.

Bei Fälligkeit der Aktienanleihe erhält der Anleger den Nominalbetrag zuzüglich des Kupons ausgezahlt. Die Zinsen unterliegen der Abgeltungsteuer. Die Depotbank behält auf die Zinsen 25% Kapitalertragsteuer ein.

Beispiel für Szenario 1:

Ein Anleger kauft 10 Aktienanleihen zu je 1.000 € Nominal. Die Aktienanleihe hat eine Laufzeit von einem Jahr und einen Basispreis von 20 €. Sie ist mit 50 Basiswerten (1.000 € nominal / 20 € = 50) und einem Zinskupon von 8% ausgestattet. Zum Bewertungszeitpunkt liegt der Kurs des Basiswertes über der Barriere / dem Basispreis von 20 €.

Ergebnis: Bei Fälligkeit erhält der Anleger den Nominalbetrag von10.000 € zuzüglich 800 € Zinskupon. Die Depotbank behält 200 € Kapitalertragsteuer auf die Zinsen ein und schreibt dem Anleger 10.600 € gut.

Szenario 2: Lieferung des Basiswerts

Kommt es bei Fälligkeit hingegen zur Andienung des Basiswerts, führt dies beim Anleger zwar wirtschaftlich zu einem unmittelbaren Verlust. Steuerlich wird dieser Verlust im Rahmen der Andienung aber noch nicht realisiert. Grund ist eine spezielle Vorschrift im Einkommensteuergesetz. Diese bewirkt, dass die Besteuerung bis zum späteren Verkauf des angedienten Basiswerts hinausgezögert wird. Während dies bei Gewinnen zu einem Besteuerungsaufschub führt, bedeutet es im Verlustfall einen Nachteil für Anleger.

Beispiel für Szenario 2:

Der Kurs des Basiswerts liegt am Bewertungsstichtag unterhalb der Barriere von 20 €. Der Anleger erhält pro 1.000 € Nominal der Aktienanleihe 50 Aktien des Basiswerts geliefert (1.000/20), insgesamt also 500 Aktien. Der Kurs des Basiswerts bei Lieferung notiert bei 15 €.

Ergebnis: Bei einem ursprünglichen Kaufpreis von 10.000 € und einem Gegenwert der 500 gelieferten Aktien von 7.500 € (500 * 15) erleidet der Anleger bei Lieferung der Aktien (ohne Berücksichtigung der vereinnahmten Zinsen) einen Verlust in Höhe von 2.500 €. Dieser wirtschaftliche Verlust zählt steuerlich jedoch nicht. Vielmehr fingiert der Gesetzgeber, dass die Aktienanleihe zu 10.000 € verkauft wurde und dass beim Anleger Anschaffungskosten von 10.000 € für die 500 Aktien angefallen sind.

Beispiel für Szenario 2 mit anteiligem Barausgleich

Sind der Aktienanleihe eine nicht ganzzahlige Anzahl an Aktien unterlegt und wird die Barriere verletzt, kommt es neben der Lieferung von Aktien auch zu einem Barausgleich. Dieser Barausgleich wird sofort als abgeltungssteuerpflichtiger Kapitalertrag behandelt.

Nehmen wir an, die Aktienanleihe hat einen Basispreis von 22 € und ist mit einem Bezugsverhältnis von 45,45 Aktien ausgestattet, während der Basiswert am Bewertungstag bei 16 € notiert, also unterhalb der Barriere. Dann bekäme der Anleger pro 1.000 € Nominal der Aktienanleihe rechnerisch 45,45 Aktien geliefert. Da eine Lieferung von Bruchteilen von Aktien nicht möglich ist, erhält er stattdessen 450 Aktien (45 Aktien pro 1.000 € Nominalwert * 10). Die verbleibenden Bruchteile von 4,54 Aktien werden zum Kurs des Basiswertes am Bewertungstag – in unserem Beispiel 16 € – ausgezahlt.

Ergebnis: Dem Anleger fließt ein abgeltungssteuerpflichtiger Kapitalertrag in Höhe des Barausgleichs von 72,64 € (16 € * 4,54 Aktien) zu. Die Anschaffungskosten der 450 Aktien betragen 10.000 €. Dies entspricht auch dem steuerlichen Veräußerungspreis der Aktienanleihe. Ein steuerlicher Verlust wird daher zu diesem Zeitpunkt nicht realisiert. Die steuerlich angesetzten Anschaffungskosten der Aktien verringern sich im Andienungszeitpunkt bei einem Barausgleich nur dann, wenn die Emissionsbedingungen von vornherein ausdrückliche Angaben zum Verhältnis von Tilgung in bar und Basiswert vorsehen und bei Fälligkeit auch genauso verfahren wird.

Verkauf des Basiswertes

Um den Verlust aus der Aktienandienung steuerlich geltend zu machen, muss der Anleger die angedienten Aktien verkaufen.

Beispiel: Der Anleger verkauft seine 450 Aktien zum Kurs von 20 € und erzielt somit einen Gesamtverkaufserlös von 9.000 €.

Ergebnis: Steuerlich realisiert er mit dem Aktienverkauf einen Verlust in Höhe von 1.000 € (9.000 € Verkaufspreis minus 10.000 € fiktive Anschaffungskosten der Aktien). Den Aktienverlust kann der Anleger jedoch nur mit Gewinnen aus anderen Aktienverkäufen verrechnen. Das Steuererstattungspotenzial beträgt 250 € (25% * 1.000 € Verlust). Alternativ ließe sich ein Verlust steuerlich auch aus dem Verkauf der Aktienanleihe vor der Fälligkeit realisieren. Vorteil: In diesem Fall wäre der Verlust auch mit anderen positiven Kapitaleinkünften – also nicht nur mit solchen aus Aktiengewinnen – verrechenbar.

Fazit

Ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass aus der Aktienanleihe bei Fälligkeit Aktien geliefert werden, ist die steuerlich interessante Alternative der Tausch der Aktienanleihe. Also der Verkauf vor Fälligkeit und der Nachkauf einer neuen Aktienanleihe.

Vorgang Folge
Auszahlung der Zinskupons abgeltungssteuerpflichtig
Aktienandienung Andienung führt nicht zur Verlustrealisation
Barausgleich abgeltungssteuerpflichtig
Verkauf der angedienten Aktien Aktienverkauf führt zur Verlustrealisierung
Verkauf der Aktienanleihe vor Fälligkeit Anleiheverkauf führt zur Verlustrealisierung
Verlustverrechnung bei
Verkauf der angedienten Aktien nur mit Aktiengewinnen
Verkauf der Aktienanleihe auch mit anderen Kapitalerträgen